"Gedankensplitter / in den Tag gedacht" . . . nennt die Autorin diese sporadischen Tagebuchaufschriebe.
"kämpfen und ringen ist ein himmelweiter unterschied * ich will nicht kämpfen * aber ringen wohl * mit mir selbst, mit meinen gegenübern *
kämpfen
tut man gegeneinander, ringen jedoch miteinander! * im kampf greift man zu waffen (pfeil, schwert, pistole...), steht auf abstand, verletzt einander * es geht oft auf leben und tod *
im ringen
geht man nah an den anderen heran, ohne waffe * man geht auf körperkontakt, berührung, haut an haut * es ist ein kräftemessen, ein abprüfen * (Jakob rang in der bibel mit seinem engel) * und man erfährt dabei das eigene kraftpotential, ebenso die eigenen grenzen und beschränkungen, es ist ehrlich"
"ich frage mich: in wie weit mache ich mich schuldig an dem wesen eines anderen, wenn ich dinge einfordere, die er gar nicht geben kann? *
oder in wie weit mache ich mich gerade schuldig, wenn ich nicht fordere - und ihn so der möglichkeiten beraube, zu lernen und zu wachsen?"
"ich empfinde den begriff ‚schuld‘ ein wenig anders, als er ‚handelsüblich‘ gebraucht wird * weil er für mich eine aufhebung einerseits von der ‚gängigen schuld-last‘ erfährt durch mein sicheres lebensgefühl: ‚es geschieht nichts, was nicht hätte irgendwie geschehen sollen oder müssen‘ (vom karmischen gesichtspunkt her) *
andererseits macht man sich immer irgendwie ein wenig schuldig, ob man will oder nicht * durch tun oder durch unterlassen * aber das ist für mich dann nicht mit moralisch drohendem ‚schuld-zeigefinger‘ versehen, sondern eher in einem ‚weicheren, geistigeren‘ licht wahrzunehmen *
‚Es ist was es ist, sagt die Liebe‘ (Fried) * auch schuld ... ist was es ist! * wahrgenommen nicht als etwas moralisch be-oder erdrückendes, sondern als ein ‚verantwortliches zu-dem-eigenen-tun-stehen‘, welche auswirkungen auch immer es (gehabt) hat * eine akzeptanz der zusammenhänge, in denen verletzungen passieren, auch wenn man es gar nicht will * manches ist unvermeidlich"
"seine angst zu spüren (und zu formulieren) - und ihr zu gehorchen - das sind zweierlei schuhe *
gefährlich wird es, wenn man sich die angst nicht eingesteht, sondern sie wegleugnet * dann packt sie dich irgendwann unerwartet von hinten und (er-)würgt dich *
sie anzuschauen, zu sehen - und ihr die stirne zu bieten, hindurch zu gehen - darum geht es *
und vor allem sich selbst behutsam zu begreifen: warum habe ich angst? * wovor? * und wer in mir hat angst? *
ja, ich kenne sehr gut die teilpersönlichkeit der ‚verwundeten’ in mir * diese hat sehr wohl das recht, angst zu haben * denn sie hat sehr große verletzungen erlitten * aber da sind doch noch so viele andere teile von mir (die lebenslustige, die vertrauensvolle, die nachdenkliche, die mutige, die ängstliche, die verwegene, die mütterliche, die starke, ...) - und alle diese frauen in mir … die nehmen meine ‚verwundete’ ernst, nehmen sie in den arm - bis ihre angst langsam vergeht, sie sich entspannt *
das ist doch das feine - dass man nie alleine in sich ist!"
"die dinge und geschehnisse, die in unserer biographie ihren platz gehabt haben - die bleiben *
aber es liegt an uns, ihre gestalt zu verändern, sie ‚leichter‘ zu machen, sie ‚künstlerisch zu bearbeiten‘ * der lebens-künstler in uns tut das * er integriert, verwandelt, abstrahiert, patiniert und gibt allem ‚den richtigen platz‘ * manches muss zig mal überarbeitet werden, bis es die für unsere wahrnehmung, unser inneres richtige gestalt hat"
"manchmal sind die tage sehr grün * und das tut gut"